WildesWissen

Hier wird "wildes Wissen" zum Thema Insekten, Insektenrettung & Welt- und Selbstrettung produziert und dokumentiert. Ein Ort des Austausches zwischen unterschiedlichen Wissensformen. - Michel Foucault und Paul Feyerabend sei Dank!

 

Collage: Dorit Löffler

"Nur der Tag bricht an, für den wir wach sind."

Henry David Thoreau: "Walden"

 

Bild: Kurt Mondaugen

Neue Insektenkunde: 

magneto flederfitz 

- eine sehr seltene Gespensterschrecke, die den
Elektromagnetismus reduziert aufs Wesentliche und damit enorme Haftungserfolge erzielt.

Bild/Foto: HAEL YXXS, https://hlxx.de

Neue Insektenkunde: 

magpudler

 - eine eigenwillige Schnabelkerfe, die ihre
Neuflüglerähnlichkeit umgeht und vorgibt, des Pudels Kern zu knacken.

Bild/Foto: HAEL YXXS

 

Neue Insektenkunde: 

plexikopter

 - die Odonata Ordnung scheint nur vollständig, wenn man
eines dieser lichtscheuen Exemplare angesichtig wird. Interessanterweise
ist mir die Beobachtung eines mit PolaroPlexi ausgestatteten Exemplars
gelungen, was ich bis heute eigentlich nicht für möglich halte.

Bild/Foto: HAEL YXXS

Jede Honigbiene sticht anders

las ich in einer Studie der Universität Konstanz[i]

und dass sie nicht nur dieses krasse Schwarmverhalten zeigten 

sondern gewissermaßen eine eigene Persönlichkeit hätten

diese Honigbienen der Universität Konstanz

und ich dachte wie

wenn wir alle Honigbienen wären 

und eine tiefe undurchdringliche Persönlichkeit hätten

die uns selbst verborgen wäre natürlich

zumindest am Anfang

und wir wüssten also nie genau

wann uns das alles zu viel würde

und wann wir zustechen würden

und ob überhaupt 

oder ob wir buddhistische Leidenschaften entwickelten 

wie im echten Leben

wir wöllten ja gern weiterleben und nicht sterben 

ohne diesen Stachel tief in uns drin

der unsere Essenz wäre

und uns nur einmal leben ließe

und wir müssten tagein und tagaus voreinander tanzen

um uns verständlich zu machen

um uns uns selbst verständlich zu machen

in unserem Wissen um Nektar und Blütenstaub

& in unserer radikalen Subjektivität

in unseren Konditionalkonstruktionen des Glücks

& in unserem Begehren

dort im Möglichkeitsraum der Affekte

würden wir voreinander tanzen

und unsere Erfahrungen abgleichen miteinander

und unser Tanz wäre wie Schrift im Raum 

würden wir denken

und die Gegenwendigkeit unserer Begriffe austesten

mit kleinen Bewegungen unserer Hüften

und Flügel

wenn wir Honigbienen wären 

wie im echten Leben

und philosophisch darüber nachdächten

mit Wittgenstein oder den Phänomenologen

 

[i] https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/bienen-stechtest-100.html ; https://royalsocietypublishing.org/doi/full/10.1098/rsos.241295

Innenohr

 

                            …wenn es im Sein beharren will (J. W Goethe)

 

so viele häutungen bis das schillern

beginnt der glanz des chitin das

knistern der flügel membran

ich sah die libellen im tandemflug bald

sinkt im flügelgeäder das blut kommt

der kurze aufstieg ins leichte zu fall

während im wasser die außenskelette

und innenleben wachsen fangmasken

werfend kälte ist immer das ende oder

ein fressfeind was wir brauchen ist

außen wärme und eine konstanz im

innenohr

 

                                    Monika Littau

 

Fotocredits: Egor Kamelev: https://www.pexels.com/de-de/foto/tilt-shift-lens-fotografie-von-braunen-und-schwarzen-insekten-762949/

 

Rosenkäfer

Goldglänzender, dessen Imago sich

ein süßes Verdämmern im Inneren

der Rosenblüte gönnt, in der nämlichen

Pflanze jedes Jahr von neuem einer.

Also in einen Abgrund gelegtes Bild.

Auf dass es sich wiederhole, durch die

prachtvoll fetten Engerlinge und ihren

himmelnden Blick. Über Jahre hinweg der Körper.

 

Chromglänzender Lockenkopf, bändigungslos

im buntblühenden Bündel um den Panzer.

Blüten in den Lauf der Maschine, verholzte Schuhe.

Flauschige, flashige, also üppigste Blumenpracht

            wirr durcheinander, einzeln, dann zugleich,

            wild holdes Blumengedränge

            wie soeben aus dem Schlafe aufgeschreckt.

Wiese, die ihre Schnitterin kennt, wie Wölkchen.

 

Grünglänzender Käfer, also

goldglänzender Schläfer in einer fälteligen Strauchrose,

einer rosanen, duftenden, in der man den Cetonia

jährlich entdeckt, wenn die Nase sich hineintauchen will.

Voll mit Pollen und wohl wenig bekümmert um uns,

rings im Rosenbett so wenig Lüstling, so wenig

Überlebender des Heliogabal wie die Ameise

keine Gärtnerin, die voll Sorgfalt einen Borretsch

vermehrt, unseren Borretsch, wie ich es nie könnte.

 

Blüten in den Lauf der Maschine, verholzte Schuhe.

Wiese, die ihre Schnitterin kennt, ihre Zaunlatten.

 

                                                            Tobias Roth   

 

Tobias Roth ist Lyriker und gibt im Sukultur Verlag Berlin/Hamburg die Grüne Reihe heraus, die sich mit Themen des Gartens im weiten Sinn beschäftigt, also dem Ineinander von menschlichem und nichtmenschlichem Leben.

Fotocredits: linkes Bild: Dorit Löffler, rechtes Bild: Tobias Roth

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